Anhörung zur Gemäldegalerie: »Nichts auf Kosten der Alten Meister« (nur höchstens +-5 Jahre)

Die »Anhörung von Repräsentanten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz« im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses fand am 15.10.2012 statt zum Thema: Planungen für Gemäldegalerie, Sammlung Pietzsch, Museum des 20. Jahrhunderts.

Anwesend war die ganze Spitze der Stiftung: Präsident Hermann Parzinger, Generaldirektor Michael Eissenhauer, der Direktor von Gemäldegalerie und Skulpturensammlung Wolfgang B. Lindemann und der Direktor der Nationalgalerie Udo Kittelmann.

Mein persönlicher Eindruck von der Sitzung: Das Denken von Herrn Parzinger und Herrn Eissenhauer kreist immer noch um die alte Strategie, die Gemäldegalerie für die Moderne freizuräumen und die Gemälde und Skulpturen der Alten Meister barbarisch im Bode-Museum zusammenzupressen, bis ein Erweiterungsbau fertig ist. Sie sind nur in ihren Äußerungen vorsichtiger geworden.

Von der Sitzung liegt jetzt ein Wortprotokoll als PDF vor (25 DIN-A4-Seiten: http://www.parlament-berlin.de/ados/17/Kult/protokoll/k17-013-wp.pdf)

Hier folgen nur Aussagen der Stiftungs-Herren zur Machbarkeitsstudie und zur eventuellen Zwischenlösung auf Kosten der Alten Meister. Auf Halbwahrheiten, die Herr Parzinger und Herr Eissenhauer wieder verbreiteten, gehe ich hier noch nicht ein.

Überraschend deutlich wurde von vielen Abgeordneten immer wieder die Zwischenlösung für die Gemäldegalerie angesprochen: wie sieht sie aus, was kostet das für die Alten Meister?

In dieser Zusammenfassung wird auf lange Zitate am Ende verlinkt.

Zur Machbarkeitsstudie:

Die Zwischenlösung auf Kosten der Alten Meister ist bei weitem noch nicht vom Tisch. Die »verdichtete Präsentation«, also das jahrelange brutale Eindampfen von Gemälden und Skulpturen im Bode-Museum, ist Option 2 in der Liste der Optionen, die in einer Machbarkeitsstudie geprüft werden sollen. Die Option 1 (erst der Neubau des Erweiterungsgebäudes, dann der Auszug) wurde von Herrn Parzinger nur kurz erwähnt nach dem Motto: »die Ideallösung« [1]. Option 3 (Neubau für die Moderne am Kulturforum) ist nicht »die bevorzugte Lösung« [2]. Über die Option 4 (kein Neubau, Moderne in bestehenden Gebäuden unterbringen) sagte Herr Parzinger nur, dass deren Prüfung eine Auflage des Bundesfinanzministeriums sei [3].

Zur Zwischenlösung auf Kosten der Alten Meister:

Herr Parzinger sagte, wenn der Baubeginn klar sei, könne man vielleicht schon 2 oder 3 Jahre vorher mit der Umrüstung der Gemäldegalerie beginnen [4]. Eine halbe Stunde später sagte er: »plus/minus fünf Jahre, mehr geht auf gar keinen Fall.« [5; das ist lustig: es bleiben dann für Bauzeit einschließlich eventueller Verschiebung und anschließender Einrichtung des Museums 2 Jahre].

Auch Herr Eissenhauer kann sich die Verdichtung vorstellen, dekretiert aber, darüber dürfe man erst diskutieren, wenn eine klare Planung vorliege. Jetzt sei es zu früh dafür. [6]
Er stellt tatsächlich energisch klar, dass man nicht alle Bilder ins Depot stecken dürfe. Es komme nicht infrage, »die Alternative im Depot zu suchen«, wenn ein Ausweichquartier für die Alten Meister, »z.B. dem Bode-Museum durch verdichtete Zusammenführungen« nicht da ist. [7; da müssen ihm die Freunde der Alten Kunst ja dankbar sein, dass sie nicht auf alle Gemälde für Jahre verzichten müssen].

Herr Lindemann sagte wieder nichts über Zeitraum und Umstände einer Zwischenlösung, wie in allen öffentlichen Äußerungen nach dem Beschluss über die 10 Mio. Er schloss aber mit den Worten:

Damit es nicht hinterher heißt: Lindemann sagt dazu gar nichts – Für mich als Direktor der beiden Sammlungen versteht es sich von selbst, dass mir alles daran liegt, dass sich eine mögliche Interimslösung auf maximal einen Vormittag und einen Nachmittag erstreckt. [S. 24]

Dazu der Ausschussvorsitzende Frank Jahnke (SPD) trocken, bevor er Herrn Kittelmann das Wort gab:

Zwischen Vormittag und Nachmittag und den fünf Jahren, die Herr Parzinger immerhin für denkbar hält, liegt eine gewisse Kluft. – Herr Kittelmann, bitte! [S. 24]

Herr Parzinger hat aber noch eine Strategie im Kopf, die er im politischen Raum nicht aussprechen will. Auf die Fragen nach den Umständen der Zwischenlösung für die Alten Meister sagte er:

Alle fragen, wie unser konkreter Plan aussieht, der Zeitplan und die Finanzierung. Sie müssen sich meine Situation vorstellen. Man will etwas im politischen Raum voranbringen, und zwar in dem politischen Raum, der die ganze Finanzierung stemmen muss, und gleichzeitig läuft die Diskussion. Das ist nicht unbedingt das Ideale. (…) Da muss man auch ein bisschen überlegen, was man öffentlich sagt. Man kann nicht sagen: Ich nehme die 10 Millionen Euro nicht, wenn ihr mir die anderen 150 Millionen Euro nicht gebt. – Da muss man anders vorgehen. [8; wie die Strategie immer noch aussehen könnte: →hier)

Die Berichterstattung:

DPA titelte: »Parzinger: Alte Meister werden nicht weggeschlossen« [9], die Süddeutsche: »Nie auf Kosten Alter Meister« [10]
Nicola Kuhn glaubte, die Diskussion im Tagesspiegel so zusammenfassen zu können [11]:

»Zumindest darin waren sich Museumsleute und Landespolitiker einig: Zwischenlösungen darf es keine geben, die in Berlin bekanntermaßen länger dauern, wie sich zuletzt am Stadtmuseum und am Bauhaus-Archiv erwiesen hat.«

Zum Ablauf:

1. Statements der antragstellenden Fraktionen: Wolfgang Brauer (Linke) und Antje Kapek (Grüne), gut 5 min
2. Statements der 4 Herren der SPK, ca. 25 min
3. Fraktionsrunde: Statements und Fragen von Abgeordneten, 35 min
4. Statements der 4 Herren der SPK, ca. 20 min

Die ganze Anhörung dauerte 1:25 h.

Zitate in Langform

Die Seitenangaben beziehen sich auf das PDF-Wortprotokoll.

1. Parzinger, S. 21

Dazu gehört für uns – ich fange bei der Ideallösung an – von Nagel zu Nagel, also zuerst ein Neubau am Kupfergraben und dann der Umzug der Alten Meister und die Umrüstung. Das ist Variante eins, die geprüft wird.

2. Parzinger, S. 21

Die dritte Lösung ist, (…) dass man alles belässt, wie es ist und einen Neubau am Kulturforum für die Kunst des 20. Jahrhunderts macht. Das muss auch geprüft werden. Sicher ist das auch keine schlechte Lösung, aber dann muss man sich klar sein, dass die Trennung von Malerei und Skulptur – das würde ich jetzt schon wagen, vorauszusagen – für immer und ewig zementiert bleibt. (…) Wir müssen trotzdem, auch wenn es nicht unsere bevorzugte Lösung ist, auch das prüfen. Wenn wir die Ideallösung nicht bekommen können, aber ein Museum für das 20. Jahrhundert woanders realisieren, ist es für uns auch eine Lösung. Wir müssen für die Sammlungen etwas tun. Man redet zwar immer davon – ich wiederhole es noch einmal –, dass da für ein paar Jahre ein Teil der Alten Meister nicht zu sehen ist, aber die Kunst der Moderne – wir haben es schon gesagt – ist die ganze Zeit kaum zu sehen. Insofern ist das für uns durchaus auch eine Lösung, wenngleich nicht die beste.

3. Parzinger, S. 22

Als vierte Variante ist zu prüfen – das ist eine Auflage des BMF –, ob das Ganze ohne irgendwelche Neubaumaßnahmen bei den bestehenden Liegenschaften unterzubringen ist. Es wird quasi alles geprüft.

4. Parzinger, S. 6

Sie dürfen sicher sein, dass nichts geschehen wird, was auf Kosten der Alten Meister geht. Ein jahrelanges Wegschließen ist für uns inakzeptabel. Wenn klar ist – und damit meine ich nicht nur einen Architektenwettbewerb –, wann der Baubeginn ist, dann kann man sich überlegen, ob man vielleicht schon zwei, drei Jahre vorher mit der Umrüstung der Gemäldegalerie schon beginnt oder vielleicht nicht.

5. Parzinger, S. 21

Die zweite Variante, die auch geprüft wird, ist die umgekehrte Reihenfolge. Da ist inzwischen aber der Politik völlig klar: Wenn man sie umgekehrt geht – dass man also erst die Gemäldegalerie umrüstet und dann Erweiterungsbau für das Bode-Museum –, kann man den ersten Schritt nur dann tun, wenn verlässlich klar ist, dass diese Übergangszeit eine sehr kurze Zeit ist. Ich will keine Jahreszahl nennen, aber plus/minus fünf Jahre, mehr geht auf gar keinen Fall. Aber auch das wird man sich gerade angesichts der Diskussion überlegen, denn ob man jetzt bei Baubeginn vorher schon umrüstet oder dann noch wartet, bis der Neubau fertig ist – auch da hat die Diskussion inzwischen eine andere Richtung bekommen.

6. Eissenhauer, S. 8

Lassen Sie uns auch mit der Öffentlichkeit ernsthaft und kritisch darüber diskutieren, ob eine Zusammenführung der Gemäldegalerie im Bode-Museum in verdichteter Form zu einem Tag X sinnvoll ist. Wenn wir eine klare Planung für den neuen Standort und die Erweiterung Bode-Museum haben, dann können wir die Diskussion vernünftig und mit klarer Zielführung führen. Wir würden sie dann gerne führen, weil wir uns so etwas vorstellen können. Ich habe es aber immer für zu früh gehalten, es jetzt zu diskutieren.

7. Eissenhauer, S. 22

Für uns war von Anfang an ganz klar, im gesamten Prozess über das, was hier im Raum Zwischenlösung genannt wurde: Ein Ausziehen der Alten Meister aus der derzeitigen Gemäldegalerie an einen neuen Ort wird es erst geben, wenn ganz klar – politisch nachvollziehbar, verlässlich geplant, zeitlich durchgeplant und finanziell ausgestattet – ein Alternativstandort dafür da ist. Dieser Alternativstandort kann vorübergehend eben auch eine Zwischennutzung anderer Gebäude sein, z. B. dem Bode-Museum durch verdichtete Zusammenführungen und gegebenenfalls auch andere Standorte, wenn sie da sind. Wenn die anderen Standorte nicht da sind, kommt es für uns nicht infrage, die Alternative im Depot zu suchen. Das wollte ich noch mal aufgreifen und klarstellen.

8. Parzinger, S. 20

Ein zweites Thema, das unterschiedlich anklang, was Sie alle besorgt – uns natürlich auch, das können Sie sich vorstellen –, ist die Zwischenlösung. Alle fragen, wie unser konkreter Plan aussieht, der Zeitplan und die Finanzierung. Sie müssen sich meine Situation vorstellen. Man will etwas im politischen Raum voranbringen, und zwar in dem politischen Raum, der die ganze Finanzierung stemmen muss, und gleichzeitig läuft die Diskussion. Das ist nicht unbedingt das Ideale. Sie haben den Bund gewonnen, diese ersten 10 Millionen Euro zu geben. Der Bund dachte, er erntet Applaus, und plötzlich wird man gescholten dafür, wobei man noch gar nicht gesagt hat, dass man jetzt sofort die Gemäldegalerie schließen wird. Natürlich wollen wir das alles in einen Gesamtkontext einbinden.
Da muss man auch ein bisschen überlegen, was man öffentlich sagt. Man kann nicht sagen: Ich nehme die 10 Millionen Euro nicht, wenn ihr mir die anderen 150 Millionen Euro nicht gebt. – Da muss man anders vorgehen. Das muss ich Ihnen, glaube ich, am allerwenigsten erklären.

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Alle Blogbeiträge zur Anhörung: →hier

 

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