Herr Eissenhauer, der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, hat in der Anhörung im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses am 15.10.2012 laut Wortprotokoll Dinge behauptet, die nicht stimmen:
→ 1. Alle Protestunterzeichner unterstützen die gemeinsame Präsentation von Gemälden und Skulpturen
→ 2. Eine der größten Stärken der Stiftung ist Verlässlichkeit, Planbarkeit und Berechenbarkeit
→ 3. Die Stiftung hat nie einen Termin für den Auszug genannt
Die folgenden Seitenangaben beziehen sich auf das →Wortprotokoll als PDF.
1. Alle Protestunterzeichner unterstützen die gemeinsame Präsentation von Gemälden und Skulpturen:
Herr Eissenhauer behauptete:
»Die Bedenken der Petitionen (…) können heute um die Dankbarkeit ergänzt werden, dass die Diskussion in dieser Form klar erbracht hat, dass alle Unterzeichner der Petitionen sich gleichzeitig dafür ausgesprochen haben, dass die Zusammenlegung von Gemälde und Skulptur ein sinnvolles Konzept ist und der Sammlungsgeschichte der Berliner Museen 100-prozentig kongenial entspricht«. [S. 8]
In der Petition von Prof. Hamburger und im Offenen Brief des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker lässt sich nicht der Hauch einer Zustimmung zur »Zusammenlegung von Gemälde und Skulptur« finden, auch keinerlei Befürworten eines Umzugs auf die Museumsinsel. Das lässt sich ja mit einem Mausklick überprüfen. Petition und Offener Brief sagen gar nichts dazu, wie die Stiftung die Museumslandschaft neu ordnen solle, sie sagen nur: Wenn ein Umzug der Gemäldegalerie stattfindet, muss er in ein bereitstehendes gleichwertiges Gebäude erfolgen, also von Nagel zu Nagel; eine Zwischenlösung auf Kosten der Alten Meister dürfe es auf gar keinen Fall geben. Nicht mehr und nicht weniger, besonnen und angemessen. Zu behaupten, wir über 14.000 Unterzeichner der Petition und wir über 8.300 Unterzeichner des Offenen Briefes hätten uns »alle« für die Ziele der jetzigen Stiftungsleitung ausgesprochen, ist pure Phantasterei.
Auch auf diese den Texten völlig zuwiderlaufenden Verdrehungen des Generaldirektors der Staatlichen Museen treffen die Sätze Prof. Hamburgers vom 12.10.2012 in der Neuen Zürcher Zeitung zu:
»Denn die Frage bleibt doch, warum die Stiftung und einige ihrer Anhänger es scheinbar für erforderlich halten, solche Verachtung gerade dem Publikum gegenüber zu zeigen, das sie für sich gewinnen wollen. Die Sammlungen sind ein öffentliches Gut, und die Stiftung hätte sich von Anfang an Respekt verschafft, wenn sie die Ansichten des Publikums ernst genommen hätte.«
2. Eine der größten Stärken der Stiftung ist Verlässlichkeit, Planbarkeit und Berechenbarkeit
Herr Eissenhauer sagte zu Beginn, der große Kunstsammler Würth, Leihgeber auch für das Bode-Museum, habe
»als eines der für ihn auffälligsten Phänomene bzw. Erscheinungen des Handelns der Stiftung hervorgehoben, dass ihn am meisten überrascht hat, in welcher Kontinuität und Verlässlichkeit die Stiftung agiert. «
Und er fuhr fort:
»Diese Verlässlichkeit, Planbarkeit und Berechenbarkeit der Stiftung halte ich für einen der größten Trümpfe und für eine der größten Stärken der Stiftung.« [S. 6]
Wie sah das konkret aus mit der Kontinuität und Verlässlichkeit? Ein Paar Daten zur Erinnerung:
- 1999 im Sommer beschließt der Stiftungsrat den Masterplan Museumsinsel – kein Wort von Gemäldegalerie oder Erweiterungsbau.
- 1999 um Nikolaus herum erzählt der frischgebackene Generaldirektor Schuster im Zeit-Interview, sein Traum sei, irgendwann nach Fertigstellung der Museumsinsel (1) die Moderne in der gerade eröffneten Gemäldegalerie, (2) die Gemälde mit den Skulpturen in Bode-Museum und Erweiterungsbau und (3) Ausstellungen in der Neuen Nationalgalerie zeigen zu können.
- 2004/5 dringt Herr Schuster plötzlich darauf, die Gemäldegalerie »temporär verkleinert« schon bei Eröffnung des Bode-Museums 2006 dort mit den Skulpturen vereinigt zu zeigen, um mit der Moderne schon bald in die Gemäldegalerie ziehen zu können.
- 2006 eröffnet die Skulpturengalerie im Bode-Museum. Die Gemäldegalerie bleibt unangetastet dank des Widerstandes der Museumsleute der Stiftung.
- 2009 sagen die neuen Leute Herr Parzinger, Herr Eissenhauer und Herr Kittelmann: es sei vordringlich, die Gemäldegalerie an ihrem derzeitigen Standort zu stärken (P); das Geld für Neubau und Umrüstung sei niemandem verständlich zu machen (E); die Neue Nationalgalerie solle die Galerie des 20. Jahrhunderts sein (E) und/oder ein »Tempel der Klassischen Moderne« (K).
- 2012 sagen dieselben 3 Herren, schon seit 1999 sei von der Stiftung immer das Ziel »Gemäldegalerie auf die Museumsinsel« verfolgt worden, die Neue Nationalgalerie sei seit ewigen Zeiten unmöglich für die Moderne und das Kulturforum unmöglich für die Gemäldegalerie.
Ausführlich lässt sich diese exemplarische Kontinuität und Verlässlichkeit, Planbarkeit und Berechenbarkeit der Stiftungspolitik mit Zitaten und Links in der →Chronik nachverfolgen.
3. Die Stiftung hat nie einen Termin für den Auszug der Gemäldegalerie genannt
Herr Eissenhauer sagte:
»Von uns – weder von der Stiftung noch von den Museen – kam jemals eine Aussage: Diesen Herbst, nächstes Jahr oder sonst wann ziehen wir aus.« [S. 22]
Aber »2014 wollen wir ausziehen« hat Herr Parzinger oft genug gesagt:
- »Mir wäre es am liebsten, wenn wir in der heutigen Gemäldegalerie die neue Galerie des 20. Jahrhunderts mitsamt den Sammlungen Marx und Pietzsch 2015/16 eröffnen könnten.« [18.5., Tagesspiegel]
- »Wir hoffen, 2014 mit der Umgestaltung beginnen zu können, so dass die Galerie des 20. Jahrhunderts vielleicht 2016 eröffnet werden könnte.« [29.6., NZZ]
- »Wenn wir mit der Umrüstung der Gemäldegalerie 2014 anfangen, dann ist mit der Fertigstellung und Eröffnung 2016 zu rechnen.« [11.7., Deutschlandradio Kultur, MP3 bei 8:20]
- »Vor 2014 werden die Umrüstungsarbeiten in der Gemäldegalerie am Kulturforum nicht beginnen.« [14.7., Berliner Zeitung/Frankfurter Rundschau]
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