Berliner Museumsstreit: Was wird in der Variantenuntersuchung geprüft?

Im Sommer soll entschieden werden, wie es in Berlin mit Gemäldegalerie, Bode-Museum, Sammlung Pietzsch und Museum des 20. Jahrhunderts weitergehen soll. Zur Vorbereitung der Entscheidung wurde im September 2012 eine Studie in Auftrag gegeben, die damals Machbarbarkeitsstudie hieß und die dann in Variantenuntersuchung umgetauft wurde. Sie soll im Frühjahr oder Frühsommer 2013 vorliegen, es ist also bald mit dem Ergebnis zu rechnen. Eine sehr konkrete Beschreibung der zu prüfenden Varianten hat Staatsminister Neumann am 21.12.2012 gegeben, als Antwort auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten der Grünen-Fraktion zur »Zukunft investiver Maßnahmen für Kulturgebäude in Berlin«.

Der die Variantenuntersuchung betreffende Text wird unten komplett dokumentiert. Die Antwort mit den Fragen findet sich in Bundestagsdrucksache 17/11989, die Anfrage alleine in Drucksache 17/11622. Staatsminister Neumann taucht auf Seite 1 der Antwort als »Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien« (BKM) auf.

Die Varianten schlagwortartig:

  1. Sammlungsverlagerungen mit Zwischenunterbringung der Alten Meister
  2. Sammlungsverlagerung ohne Zwischenunterbringung
  3. Neubau einer Galerie des 20. Jahrhunderts am Kulturforum
  4. Unterbringung der Sammlungen in anderen Liegenschaften der SPK

Bemerkenswert an der Darstellung erscheint mir folgendes:

  • Aufgabe der Studie ist es nur, technische Fragen zu untersuchen: Es sollen »Umfang, Kosten und Zeiträume für den Umbau ermittelt sowie andere Alternativen einschließlich von Zwischenlösungen geprüft« werden. Aufgabe der Studie ist also nicht die Prüfung, welche Variante kulturpolitisch angemessen ist. Wenn es sich als technisch/finanziell besonders günstig herausstellen sollte, große Teile der Gemälde und Skulpturen für Jahre ins Depot zu stecken (1), bleibt das natürlich eine kulturelle Barbarei.
  • zu Variante 1: Als Zwischenunterbringung der Alten Meister soll auch die Alte Nationalgalerie und der Martin-Gropius-Bau geprüft werden, neben dem schon lange diskutierten Häusern Prinzessinnenpalais/Kronprinzenpalais.
  • zu Variante 3: Als Ort eines neuen Museums des 20. Jahrhunderts sollen neben den Grundstücken hinter der neuen Nationalgalerie und direkt an der Potsdamer Straße auch weitere Flächen geprüft werden, z.B. das ehemalige Grundstück der Argentinischen Botschaft.
  • zu Variante 4: Es soll geprüft werden, ob die Alten Meister auch endgültig im Schloss (!) oder die Sammlung Pietzsch u.a. auch in der Sammlung Scharf-Gerstenberg untergebracht werden können.
  • Kurz nach dieser Antwort versprach Staatsminister Neumann Anfang Januar im DPA-Interview, dass Variante 1 politisch nicht in Frage komme: Wenn die Gemäldegalerie ausziehen solle, dann erst, wenn ein Neubau bezugsfertig sei.

Der Text zur Variantenuntersuchung aus der Antwort des Kulturstaatsministers

»Zu den Plänen der SPK, ihr Museumsensemble neu zu strukturieren und auf der Museumsinsel mit Ergänzung eines Neubaus auf dem ehemaligen Kasernengelände die europäische Kunst bis zum 19. Jahrhundert zu präsentieren und auf dem Kulturforum eine Konzentration auf die Moderne vorzunehmen, wird derzeit eine Untersuchung durchgeführt. In dieser Variantenuntersuchung werden der Umfang, Kosten und Zeiträume für den Umbau ermittelt sowie andere Alternativen einschließlich von Zwischenlösungen geprüft. Die Fertigstellung ist für Frühjahr 2013 vorgesehen.

Es wurde festgelegt, folgende Alternativen in die Variantenuntersuchung einzubeziehen:

Variante 1: Sammlungsverlagerungen mit Zwischenunterbringung der Alten Meister

Herrichtung der Gemäldegalerie zu einer Galerie des 20. Jahrhunderts, Präsentation der Alten Meister im Bode-Museum und eventuell an einem weiteren Standort, später auch im zu erstellenden Erweiterungsbau. Voraussetzung ist der verbindliche Beschluss für einen Neubau auf den Museumshöfen.

Um mehr als 50 Prozent der Alten Meister auch in der Übergangszeit zeigen zu können, werden zusätzliche Optionen für die Zwischenunterbringung geprüft:

  • nur Verdichtung im Bode-Museum (Gemälde und Skulpturen)
  • Herrichtung weiterer Räume im Bode-Museum
  • Alte Nationalgalerie
  • Prinzessinnenpalais/Kronprinzenpalais
  • Martin-Gropius-Bau.
Variante 2: Sammlungsverlagerung ohne Zwischenunterbringung

Unterbringung der Alten Meister und Skulpturen im Bode-Museum und in einem zu errichtenden Neubau auf den Museumshöfen und erst im Anschluss Herrichtung der dann freigewordenen Gemäldegalerie zu einer Galerie des 20. Jahrhunderts.

Variante 3: Neubau einer Galerie des 20. Jahrhunderts am Kulturforum

Hierfür kommen verschiedene Grundstücke in Betracht:

  • Zwischen Sigismundstraße/Reichpietschufer, hinter der Nationalgalerie, ca. 5 000 m² Grundstücksfläche im Eigentum von SPK und Berlin
  • Zwischen Potsdamer Straße/Sigismundstraße/Scharounstraße/Matthäuskirche, zu ca. 80 Prozent im Eigentum Berlins, eine Teilfläche im Privateigentum
  • Prüfung weiterer Flächen (z. B. ehemaliges Grundstück der Argentinischen Botschaft).
Variante 4: Unterbringung der Sammlungen in anderen Liegenschaften der SPK
  • Unterbringung der Sammlung Pietzsch in den Räumen des Museums Scharf-Gerstenberg oder in anderen Liegenschaften der SPK
  • Endgültige Unterbringung der Alten Meister im Humboldt-Forum oder an anderen Standorten der SPK außerhalb der Museumsinsel.«

[Bundestagsdrucksache 17/11989 vom 28.12.2012, Seite 10]

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